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Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie es wirklich passierte. Und mit jedem weiteren Tag verschwand die Reue. Das warme Rot war ein Teil meines Lebens, welches mir Geborgenheit schenkte. Das Leben, das nicht mehr meines war. Mir blieben nur noch meine Träume, die die Erinnerung an den Beginn dieser Hölle unvergesslich machten.

Normalerweise würde solch eine Geschichte mit der Beschreibung eines regnerischen Tages anfangen. Doch mein letzter Moment als menschliches Wesen war an einem warmen Sommerabend. Die Sonne machte langsam Bekanntschaft mit dem Horizont und ließ den Himmel dadurch in verschiedensten Farbtönen tanzen. Meine Wenigkeit spazierte durch die Seitengasse einer Altstadt, welcher zu meiner damaligen Heimat gehörte. Mit den Hausschlüsseln spielend in der Hand hüpfte ich erfreut zu meinem Zuhause. Ich pfiff ein Lied vor mich her, da es mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Doch meine freudige Stimmung unterbrach automatisch, sobald ich eine lautstarke Diskussion zu hören bekam. Obwohl mich die Angst erstarren ließ, überkam mich ein Teil der Neugier, welche ich bis heute verfluche. Vorsichtig ging ich an der Wand entlang und warf einen flüchtigen Blick auf die bedrohlich wirkende Situation. Meine Augen trafen direkt auf zwei Jugendliche, einer größer und dazu älter als der andere. Und er warf seinen Gegenüber in diesem Moment aggressiv zu Boden.

Mein Gehirn reagierte in einer Kurzschlussreaktion und ließ meinen Körper auf die beiden zurasen. Ich wollte etwas rufen um den älteren Jungen zu warnen, doch er schien mich kurzerhand als Bedrohung anzusehen und versuchte den verletzten zu packen. Da ich regelmäßig tanzte, war ich ziemlich schnell bei ihm und kam seiner Reaktion in die Quere. Mit meiner freien Hand umfasste ich seinen Oberarm und zog ihn zu mir hin. Doch er begann sich wie ein Verrückter zu wehren, weswegen ich mein Gleichgewicht verlor. Und dann fielen wir zu Boden. Meine Schüssel raschelten nur für einen kurzen Moment. Als ich meine Augen öffnete, da ich sie instinktiv geschlossen hatte, steckte mein Hausschlüssel in seinem Hals. Seine Hände zitterten, sobald sie sich dem Bund näherten. Panisch versuchte ich ihn aufzuhalten. Doch da wurde meine Welt rot. Ich konnte nichts anderes tun als dem Blutfluss meine komplette Aufmerksamkeit zu schenken. Danach wurde meine Welt schwarz.

"Du bist perfekt"

Das reißende Fleisch und dessen Widerstand lassen meinen Körper erzittern. Ich schließe meine Augen, nachdem ich die Messerklinge ein letztes Mal versinke und die Schreie endlich verstummen. Mir entweicht ein erleichtertes Seufzen und ich beginne mir die Blutspritzer aus dem Gesicht zu wischen. Der metallische Geruch steigt mir zu Kopf, weswegen mir unmittelbar danach übel wird. Doch der Zorn meiner Seele beruhigt sich. Wenigstens für ein paar Minuten.

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Unterschrift von Jessica Weber
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