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Die Atmosphäre der Untergrundbar wird von einem sanften Jazz begleitet. Das dumpfe Licht unterstreicht die entspannende Luft, welcher mir jedes Mal aufs Neue entgegenkommt, sobald ich die Räumlichkeit betrete. Ich gehe auf die Bar zu und nehme an einem dreibeinigem Hocker Platz. Zwei Sitzplätze entfernt sitzt ein weiterer Mann, welcher genüsslich seinen Martini trinkt und mir keine Aufmerksamkeit schenkt. Die Bar ist dazu gut besucht, woraufhin ich mir kein Lächeln verkneifen kann. Erleichtert atme ich aus und streiche dabei durch mein Haar. Der Barkeeper bemerkt auf Anhieb meine Geste und nickt einmal zu.

Als Stammgast muss ich meine Bestellung nicht mehr aussprechen, sodass mir innerhalb kürzester Zeit der Rotwein präsentiert wird. Mit einem halben Lächeln nehme ich das Glas in die Hand und schwenke das Getränk etwas drin. Ein süßlicher Duft kommt auf, welchen ich mit geschlossenen Augen genieße. Diesmal entweicht mir ein erheitertes Schnaufen. Genuss. Diese Welt hat jedes Gefühl von Mäßigung verloren. Ein paar einfache Worte reichen vollkommen aus, um sie alle wie Tiere fressen zu lassen. Bei diesem Gedanken fällt es mir schwer ein lautes Lachen zu unterdrücken. Doch ich schaffe es, da einige Stimmen an einem Tisch hinter mir lauter werden.

"Lasst uns den Abend wie Könige genießen!"

Das Klirren von etlichen Gläsern füllt den Raum und auch mein Sitznachbar mit Abstand scheint von dem Gesagten erheitert. Doch ich schüttelte nur meinen Kopf leicht. Bevor jemand weiteres aus der Gruppe zu Wort kommen kann, richte ich mich auf und hebe mein Glas in die Höhe.

"Das klingt wundervoll! Nur die teuersten Mahlzeiten für alle Beteiligten!"

Bei meiner Aussage kommen mir viele grinsende Gesichter entgegen. Und auch die Gläser aller werden mir gezeigt.

"Heute übernehme ich die Rechnung für jede Bestellung dieser Bar!"

Plötzlich weiten sich die Augen der Schaulustigen vor Unglaube. Doch ich lache nur und nicke ihnen zur Bestätigung zu. Voller Euphorie tauschen sie untereinander unterschiedliche Gesichtsausdrücke aus.

Und mit meinem ersten Schluck Wein beginnen die Köchen die ersten Gerichte zu servieren. Keiner hält sich zurück. Sie greifen direkt zu ihrem Besteck und fangen an zu essen. Ich lehne mich derweil an die Bartheke und schaue dem Spektakel zu. Ein weiterer Schluck Wein fließt meinen Körper herab, während Gabel, Messer und Löffel uninteressant werden. Unkontrollierter wird in die nächste Mahlzeit gegriffen, selbst das Essen vom Nachbarn wird angefasst. Sie hören nicht auf. Und das werden sie nicht. Bis ich meinen Wein bis auf den letzten Tropfen genüsslich hinuntergeschluckt habe.

Alles stoppt. Die Musik hört abrupt auf und der letzte lässt den undefinierbaren Brei in seiner Hand fallen, bevor sein Kopf Bekanntschaft mit dem Tisch macht. Das schweinische Bild, welches sich vor mir erstreckt, lässt mich in mich hineinlachen.

"Was ein ekelerregender Geruch",

kommt es mir mit einem nervigen Unterton zu Ohren, woraufhin ich erstarre. Hastig drehe ich meinen Kopf zur Seite und sehe den Mann weiterhin unberührt an der Bar sitze.

"Wollen Sie nicht auch in den Genuss-?" Den Rest meiner Frage verschlucke ich, da sich mein mittlerweile Gegenüber plötzlich von seinem Hocker erhebt.

"Was ein Stolz wird beim Fressen erreicht?"

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Unterschrift von Jessica Weber
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