top of page

Alleinsein oder Einsamkeit?

In erster Linie ist das kreative Schreiben eine Arbeit, an welcher man alleine arbeitet. Nächte und Tage vergehen, ohne dass jemand überhaupt von den neuen Welten weiß. Macht das auf Dauer nicht einsam?

ree

Eine Lehrerin aus meiner Schulzeit erwähnte einmal, dass das Leiden eines Menschen etwas schafft und dieser Prozess dadurch Leidenschaft benannt wurde. Ich war 14 Jahre zu dieser Zeit und diese Aussage ist mir bis heute im Kopf geblieben.


Zu Jugendzeiten fand ich mich immer mit Zettel und Stift an meinem Schreibtisch wieder, wenn es mir schlecht ging. Mein erstes "richtiges Buch" entstand während ich mit Fieber im Bett lag. Es stellte sich heraus, dass ich mich in den Seiten verlieren und sogar ablenken konnte. Ob es nun ein typischer Schmerz eines jeden Jugendlichen war oder die ersten Anzeichen meiner ernstzunehmenden mentalen Instabilität. Am Ende des Tages war es eine intensive Emotion, die mich antrieb.


Und natürlich war ich mit meinen Texten alleine. Nacht für Nacht. Stunde für Stunde. Die Zeit verging und ich schrieb und schrieb. Meine Mutter beobachtete mich ab und zu verwirrt, da sie nicht verstand, was ihre Tochter so rasch in den Computer tippte. Aber Fragen stellte sie mir keine. Denn ich war in meiner eigenen Welt. Erschuf Probleme, Perspektiven, Charaktere. In diesem Universum lief alles nach meinem Kopf. Solange meine Finger beschäftigt waren, fühlte ich nichts weiter als Euphorie. Doch selbst ein Vieldenker muss an das Ende einen Punkt setzen.


Mit einem erleichterten Seufzen beendete ich ein weiteres Kapitel. Die Nacht war schon lange angebrochen und der Mond erleuchtete mein Zimmer. Nur ich und das Rauschen meines Computers. Allein. Mein Universum pausiert, da ich aufgehört hatte zu schreiben. Was war dieses Gefühl in meiner Brust?


Einsamkeit. Zwar gehörte das kleine Universum mir, aber war es ebenfalls nur meines. Ich war allein und einsam. Denn die Liebe zu meinem Werk war so groß, sodass ich es teilen wollte. Ich hatte in meinen schlechten Momenten etwas geschaffen, auf das ich stolz war. Aus meinem Leid entstand eine wundervolle Geschichte. Es waren meine ersten Schritte in die Welt des kreativen Schreibens.


Dennoch war ich einsam. Denn diese neue Liebe, die ich mit 15 Jahren entdeckt hatte, übermannte mich. Doch niemand verstand sie. Keiner der Menschen in meinem Umkreis konnte nachvollziehen, wie sehr mich diese Emotion packte.


Ja klar, waren die 60 Seiten keinesfalls gut genug, um daraus ein Buch zu drucken. Ich hatte noch viel zu lernen und zu entdecken. Aber darum ging es mir nicht. Ich wollte nicht allein mit dieser Liebe sein, die mein Herz umhüllte und nie wieder losließ.


Wenn ich gerade so darüber schreibe, kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Mein junges Ich war so überfordert, da sie für etwas brannte. Wer hätte gedacht, dass es keine Phase war? Die 15-jährige Jessica auf jeden Fall. Aber zurück zu dem Thema Einsamkeit.


Einsamkeit des kreativen Schreibens. Selbst beim Formulieren eines Blogeintrags sitze ich alleine am Computer und tippe vor mich hin. Und ja, es ist notwendig, damit ich mich vollkommen auf diese Arbeit konzentrieren kann. Doch manchmal wünschte ich mir, dass ich dabei sein könnte, wenn jemand mein Buch zum ersten Mal liest und mich über die verschiedenen Reaktionen erfreuen. Berichte und Kommentare der Leser sind wundervoll, Diskussionen mitzubekommen und Gedankengänge zu verfolgen. Leider geht die pure Emotion darin verloren.

Warum sollte ein Leser meines Buches weinen oder lachen, wenn ich es selbst als Autorin beim Schreiben nicht tue?

Ich atme beim Schreiben durch und brauche ab und zu eine Pause, da ich so sehr meinen Geschichten verfalle. Ich weine auch und lache über Szenen, die mir selbst in den Sinn gekommen sind. Als Autorin wünsche ich mir, dass der Leser genauso schöne Gefühle erweckt bekommt. Wenn ich auch nicht mitbekomme, wie sehr dich meine Worte berühren, werde ich immer daran denken, dass genau diese Hoffnung die Lücke der Einsamkeit meines Herzens füllt.


Beim Schreiben und Editieren bin ich allein. Doch bald nicht mehr einsam.

 
 
 

2 Kommentare


Eiffel
Eiffel
18. Juni

💜

Gefällt mir
Antwort an

💜

Gefällt mir
bottom of page